…übers Teilen
Kinder sollen teilen lernen – von Anfang an. Denn nur so lernen sie guten sozialen Umgang – oder?
Viele Eltern möchten, dass ihre Kinder mit anderen teilen. Spielsachen, Schulzeug, vielleicht ein bisschen aus der Brotdose. Sie ermutigen sie dazu oder fordern es strenger ein – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Aber was bedeutet es für das Kind, etwas teilen zu müssen? Vielleicht machen wir es mal an einem ganz anderen Beispiel fest:
Sie haben sich selbst etwas erarbeitet – ein schickes Auto, eine teures Smartphone, ein guter Platz am Strand. Nun kommt jemand daher und sagt, dass Sie das mit einer anderen, Ihnen womöglich nicht bekannten Person teilen sollen. Wie bereit wären Sie dazu?
Ja, sagen Sie nun vielleicht, das ist ja ganz was anderes. Da geht es ja um etwas von Wert – aber wenn mein Kind seine Sandschaufel teilen soll – es ist ja nur eine kleine Schaufel.
Und hier liegt der Denkfehler: wir meinen, dass es ja nur eine einfache Schaufel ist – für unser Kind bedeutet diese gerade die Welt. Die Schaufel ist gerade von sehr hohem Wert für Ihr Kind. Vielleicht ist es in 5 Minuten nicht mehr so – aber weil Kinder im Hier und Jetzt leben, ist es eben gerade das Wichtigste.
Ja, wie lernt denn ein Kind das Teilen?
Um es ganz klar zu sagen: Teilen lernt man nicht durchs Müssen.
Kinder lernen zu teilen, wenn sie sich sicher sein können, das sie ihr Eigentum auch wiederbekommen. Und wenn sie der Person, der sie etwas überlassen, vertrauen können.
Etwas zu teilen sollte immer ein freiwilliger Akt sein – das Kind entscheidet immer am besten allein, wem es etwas gibt. Denn das fühlt sich gut an. Sie lernen, dass sie selbst über ihren Besitz bestimmen können. Das führt dazu, dass Kinder ohne Einwirkungen von außen teilen möchten – und zwar als ganz natürliche Sache. „Ich mag Dich und ich vertraue Dir. Mit Dir teile ich gern!“
Dann wandert die kleine Schaufel ganz von allein zur Spielnachbarin, dann ist es gar kein Problem, etwas aus der Brotdose abzugeben oder den Zweit-Füller zu verleihen.
…und die Erwachsenen?
Tja, auch sie sollten ja das Teilen gut gelernt haben. Haben Sie es gelernt? Wem verleihen Sie denn gern etwas? Freiwillig, womöglich unentgeltlich und von sich aus? Wenn Sie selbst gern etwas teilen und großzügig sind, wird das Ihr Kind mit zunehmender Reife so übernehmen. Sie sind das Vorbild für Ihr Kind.
Und jetzt mal ganz praktisch!
Zwei Kinder streiten um ein Spielzeugauto. Was tun?
Sätze wie: „Ich sehe, du möchtest dein Auto behalten, und dein Freund ist traurig, weil er damit spielen will. Was können wir tun?“ helfen, Gefühle einzuordnen und Lösungen zu finden. Das gelingt allerdings erst ab dem 4. oder 5. Lebensjahr – erst dann sind Kinder in der Lage, die Perspektive von anderen einzunehmen und Verständnis zu entwickeln.
Mit etwas Unterstützung haben Kinder oft selbst Ideen, wie sich abzuwechseln oder Alternativen zu nutzen. So wird Teilen ein Aushandlungsprozess, bei dem Kinder lernen, ihre Grenzen zu wahren. Wer sich sicher fühlt, teilt bereitwilliger.
